Energiewendemärchen der Woche 20-2022

Sozialverträgliche CO2-Besteuerung

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Sozialverträgliche CO2-Besteuerung

André D. Thess

19. Mai 2022


Die Behauptung: In zahlreichen Stellungnahmen wird behauptet, eine Besteuerung von CO2 – oft als „Bepreisung“ bezeichnet – ließe sich durch Umverteilung sozialverträglich gestalten. So wird beispielsweise in einem Interview die These aufgestellt: „Sie [die CO2-Steuer, Anm. d. Verf.] kann sozialverträglich ausgestaltet werden, indem man den Anteil der privaten Haushalte am Aufkommen der CO2-Steuer in Form einer Klimaprämie mit einem einheitlichen Pro-Kopf-Betrag wieder an diese erstattet.“

Meine Analyse: Die Behauptung, staatliche Klimaschutzmaßnahmen wie beispielsweise eine CO2-Steuer würden mehr soziale Gerechtigkeit erzeugen, weil sie zu Mehreinnahmen des Staates führen, ist aus zwei Gründen nicht haltbar.

Erstens führt die Erhöhung von Steuern nicht zwangsläufig zu sozialer Gerechtigkeit. Anderenfalls müsste die DDR mit ihren Einheitslöhnen, die einem hundertprozentigen Spitzensteuersatz gleichkamen, der Inbegriff sozialer Gerechtigkeit gewesen sein. Es wäre dann das achte Welträtsel, wieso die Bürger der BRD im Herbst 1989 nicht massenweise vor dem ungerechten Kapitalismus über die Berliner Mauer ins Arbeiterparadies geflüchtet sind.

Zweitens verteuern klimaschutzbedingte Preissteigerungen die Lebenshaltungskosten für sozial schwache Bürger in weitaus höherem Maße als für Gutverdiener. So treffen beispielsweise steigende Preise für Benzin, Heizung und Strom Menschen mit geringen Einkommen relativ gesehen stärker als Gutverdiener. Eine Umverteilung zu Lasten von Leistungsträgern mit hohen Jahreseinkommen zu Gunsten von Geringverdienern ist deshalb nichts anderes als eine verkappte Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Sie trägt zu mehr Umverteilung von oben nach unten bei und wirkt auf Leistungsträger motivationshemmend. Überdies wirken hohe Steuersätze auf qualifizierte und international mobile Bürger als Antrieb zum Verlassen des Landes.


Mein Fazit: Die in der Öffentlichkeit verbreitete These von der sozialverträglichen  Ausgestaltung von CO2-Steuern ist in Wirklichkeit ein sozialistischer Umverteilungsmechanismus unter dem Deckmäntelchen des Klimaschutzes.

 

Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de

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