Energiewendemärchen der Woche 32-2021

Wahlversprechen 2/6: Die Grünen

Sechs Wahlversprechen im Schnelltest:

Teil 2 – Die Grünen

André D. Thess

  1. August 2021

 

Vorbemerkung: Die Serie analysiert die Stimmigkeit ausgewählter Versprechen aus den Bundestagswahlprogrammen einzelner Parteien. Die Analysen beinhalten keinen Vergleich von Parteien untereinander. Sie stellen insbesondere keine Wahlempfehlungen dar.

 

Das Wahlversprechen: In ihrem Bundestagswahlprogramm schreiben Die Grünen: „Atomkraft ist nicht geeignet, die Klimakrise zu bekämpfen. Wir werden den Atomausstieg in Deutschland vollenden.“  

Meine Analyse: Grüne verweisen häufig auf die Berichte des Weltklimarats IPCC. Sie betonen dabei insbesondere die Notwendigkeit wissenschaftsbasierter Politik. So schreibt der Fraktions­vorsitzende Anton Hofreiter in einer Presseerklärung am 25. September 2019: „Der Appell der Wissenschaft ist an Klarheit nicht zu überbieten - die internationale Gemeinschaft und allen voran die Bundesregierung dürfen den Appell der Wissenschaft nicht länger ignorieren.“ Kritiker des IPCC werden von der Partei regelmäßig als „Klimaleugner“ bezeichnet.

Die Berichte des IPCC spiegeln den weltweiten wissenschaftlichen Konsens zu Klimadynamik und Klimaschutz wider­. Der IPCC-Sachstandsbericht von 2014 benennt auf Seite 20 die Kernenergie ausdrücklich als CO2-arme Technologie: „Die Kernenergie ist eine reife CO2-arme Quelle für Grundlaststrom […]. Die Kernenergie könnte einen wachsenden Beitrag zur CO2-armen Energieversorgung leisten, jedoch existiert eine Vielfalt von Barrieren und Risiken (robuste Beweislage, hohe Übereinstimmung.)“

Die zitierte Formulierung aus dem Wahlprogramm steht somit im Widerspruch zu den Aussagen des IPCC. Würde man der Parteirhetorik folgen, so müssten die Autoren des Wahlprogramms als „Klimaleugner“ bezeichnet werden.

Mein Fazit: Politiker sollten sich entscheiden, ob sie die Wissenschaft im Ganzen anerkennen oder im Ganzen ignorieren. IPCC-Rosinenpickerei in puncto Kernenergie kommt einem Ignorieren der Wissenschaft gleich.

Meine Empfehlung: Fragen Sie die Grünen-Abgeordneten Ihres Wahlkreises: (1) Erkennen Sie den Bericht des Weltklimarates IPCC als breiten Konsens der Wissenschaft an? (2) Mit welchem Argument ignorieren Sie den IPCC-Sachstand zur Kernenergie? (3) Mit welchem Argument verurteilen Sie Kritiker anderer Aussagen des IPCC?

 

Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de Die Texte dürfen mit Autorenangabe frei verbreitet und nachgedruckt werden.

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