Energiewendemärchen der Woche 35-2021

Wahlversprechen 5/6: FDP

Sechs Wahlversprechen im Schnelltest:

Teil 5 – FDP

André D. Thess

2. September 2021

 

Vorbemerkung: Die Serie analysiert die Stimmigkeit ausgewählter Versprechen aus den Bundestagswahlprogrammen einzelner Parteien. Die Analysen beinhalten keinen Vergleich von Parteien untereinander. Sie stellen insbesondere keine Wahlempfehlungen dar.

 

Das Wahlversprechen: In ihrem Bundestagswahlprogramm schreibt die FDP: „Wir Freie Demokraten fordern technologieoffene Gesetze und Verordnungen im Fahrzeugbau.“ Weiter führt die FDP aus: „Wir Freie Demokraten wollen die Energiewende stärker innovativ, technologieoffen, international und als Gesamtsystem denken.“ [Hervorh. d. Verf.]

Meine Analyse: Es ist erhellend, sich zunächst die Bedeutung von Technologieoffenheit zu vergegenwärtigen. Und zwar am besten an einem unpolitischen Beispiel. Wollte etwa der Besitzer eines Mehrfamilienhauses einen technologieoffenen Weg zur Reduzierung des Hausmülls beschreiten, so könnte er schlicht die Müllgebühren verdoppeln. Dann könnten die Bewohner „technologieoffen“ entscheiden, ob sie die gleiche Menge am Müll erzeugen und das Doppelte bezahlen oder in verpackungsfreien Geschäften einkaufen oder ihren Müll schreddern und im Klo hinunterspülen (illegal!) oder aus leeren Tetrapacks schmucke Handtaschen nähen und diese vermarkten. Nicht technologieoffen wäre hingegen, den Mietern Weiterbildungskurse zur Müllvermeidung zu bezahlen oder im Vorgarten einen Kompostplatz zur Entsorgung des Biomülls anzulegen.

Kehren wir zur Mobilität zurück. Der technologieneutrale Weg zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors bestünde darin, sämtliche fossilen Treibstoffe zu verteuern. Im FDP-Wahlprogramm steht hingegen: „Wir Freie Demokraten wollen den flächendeckenden Ausbau von Schnellladesäulen und interoperablen Bezahlstrukturen für die E-Mobilität.“ und „Wir Freie Demokraten [wollen] den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft schnellstmöglich vorantreiben.“ und „Wir Freie Demokraten wollen mehr alternative Kraftstoffe.“  Man muss kein Klimaökonom sein, um die Verwandtschaft zu Müllvermeidungslehrgang und Komposthaufen zu erkennen.

Mein Fazit: In Sachen Mobilität ist im Wahlprogramm von Technologieoffenheit wenig zu spüren. Die Partei verspricht in diesem Punkt vielmehr Planwirtschaft unter marktwirtschaftlichem Deckmäntelchen.

Meine Empfehlung: Fragen Sie die FDP-Abgeordneten Ihres Wahlkreises: (1) Soll der Ausbau von Schellladesäulen aus Steuergeldern finanziert werden? (2) Wie passt dies zur versprochenen Technologieneutralität? (3) Mit wessen Geld soll der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und das Mehr an alternativen Kraftstoffen bezahlt werden?

Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de Die Texte dürfen mit Autorenangabe frei verbreitet und nachgedruckt werden.

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