Falschinformation aus dem Hause Correctiv
André D. Thess
- September 2021
Die Behauptung: Unter der Überschrift „Fakten für die Demokratie“ schreibt das Unternehmen Correctiv gGmbH auf seiner Homepage: „Gezielte Desinformation wird genutzt, um unsere Gesellschaft zu spalten, Hass zu verbreiten oder Geschäfte zu betreiben. Einseitige oder falsche Informationen kreieren verzerrte Weltbilder. CORRECTIV.Faktencheck wirkt dem entgegen und deckt tagtäglich Falschinformationen, Gerüchte und Halbwahrheiten auf.“
Meine Analyse: Der Begriff Faktencheck besitzt eine hohe Suggestivkraft. Er verleitet leichtgläubige Menschen zu der Vorstellung, Faktenchecker seien eine besonders ausgebildete Berufsgruppe. In Wirklichkeit kann sich jeder ohne irgendeine Prüfung so nennen. Es handelt sich nach meiner Erfahrung oft um Personen, die sich ohne fachliche Qualifikation und ohne demokratische Legitimation zu Sittenwächtern der öffentlichen Meinungsbildung erheben wollen.
So stellt sich Annika Joeres in ihrem Correctiv-Artikel „Fünf Gesetze, die wirklich das Klima retten“ [Hervorh. d. Verf.] vom 9. Oktober 2019 als Sachwalterin wissenschaftlicher Wahrhaftigkeit und journalistischer Sorgfalt dar. Mit der demonstrativen Verwendung des Wörtchens „wirklich“ beansprucht sie anscheinend die Qualifikation für die abschließende Beantwortung einer der schwierigsten Fragen unserer Zeit.
Bei genauem Hinsehen offenbart die Formulierung „Die Idee: Klimaschädliches Verhalten, etwa Autofahren, massives Heizen oder das Kaufen von Plastikprodukten teurer zu machen“ [Hervorh. d. Verf.] Falschinformation sowie das Fehlen von Fachkompetenz. Der Kauf von Plastikprodukten kann zwar unter bestimmten Umständen Umweltschäden bewirken, aber die Klimawirkung ist im Vergleich zu anderen Stoffen gering. Die Klimarelevanz der Produktion von Plastik rangiert weit hinter Industriematerialien wie Stahl, Beton und Aluminium, ganz zu schweigen von der Emission aus Kohlekraftwerken. Auf meine Anfrage vom 27. Februar 2020 – mit der Bitte um Erläuterung – hat die Autorin nicht geantwortet. Weiter schreibt sie: „Vegetarische oder fleischarme Ernährung sollte also gefördert werden – etwa durch einen normalen Mehrwertsteuersatz auf Fleischprodukte.“ [Hervorh. d. Verf.] Diese Aussage steht mit dem journalistischen Grundprinzip der Trennung von Fakten und Meinungen nicht in Einklang. Die Formulierung „sollte also gefördert werden“ ist nämlich nicht als persönliche Meinung der Autorin gekennzeichnet.
Seriöse Faktenchecker erkennt man übrigens nicht nur an fachlicher Qualifikation, sondern auch daran, dass sie diesen Begriff nicht verwenden. Ein Beispiel ist die „Unstatistik des Monats“, die der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Bochumer Ökonom Thomas Bauer und der Dortmunder Statistiker Walter Krämer im Jahr 2012 ins Leben gerufen haben. Sie hinterfragen jeden Monat Zahlen sowie deren Interpretation und machen das Ergebnis im Internet publik. Der Begriff des Faktenchecks taucht dort an keiner Stelle auf.
Mein Fazit: Die „Faktenchecker“ von Correctiv besitzen im Gegensatz zu unabhängigen Richtern weder über eine geprüfte Qualifikation noch eine demokratische Legitimation und sind deshalb nach meiner Meinung überflüssig.
NB: Der Wikipedia-Eintrag über Annika Joeres wurde am 08. 03. 2020 um 22:35 vom anonymen Bearbeiter „Andol“ angelegt. Wie in EWM37 dargelegt, korreliert das Auftauchen dieses Namens in der Versionsgeschichte von Wikipedia-Artikeln mit politischer Unausgewogenheit und fehlender Neutralität.
Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de