BUND-Falschaussage zu Blauem Wasserstoff
André D. Thess
8. Juli 2021
Die Behauptung: BUND-Vorstandsmitglied Verena Graichen schreibt am 2. Juli 2021 im Sondervotum zum Aktionsplan Wasserstoff: „Nur grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist eine nachhaltige Energiequelle. Blauer Wasserstoff aus fossilem Erdgas oder türkiser Wasserstoff aus Wärmeenergie sind nicht klimaneutral, deswegen können sie nicht auf einer Stufe mit grünem Wasserstoff stehen.“
Meine Analyse: Blauer Wasserstoff entsteht in zwei Schritten. In einem ersten Schritt werden aus Erdgas und Wasserdampf mittels Dampfreformierung Wasserstoff und Kohlendioxid erzeugt. In einem zweiten Schritt wird das CO2 dauerhaft unterirdisch eingelagert und der entstandene Wasserstoff vermarktet. Da hierbei kein CO2 in die Atmosphäre gelangt, ist blauer Wasserstoff klimaneutral. Die Aussage des BUND im Sondervotum ist somit falsch.
Unabhängig davon gibt es freilich gute Gründe, bei allen theoretisch klimaneutralen Wasserstoffarten auf die praktische Klimaneutralität zu schauen. Grüner Wasserstoff ist theoretisch, aber nicht praktisch klimaneutral, wenn für die Installation von Windrädern Bäume gefällt werden. Blauer Wasserstoff ist theoretisch, aber nicht praktisch klimaneutral, wenn die CO2-Verpressungsanlage – Grigori Alexandrowitsch Potjomkin lässt grüßen – nur eine Attrappe ist. Roter Wasserstoff ist theoretisch, aber nicht praktisch klimaneutral, wenn für den Bau des Kernkraftwerks konventioneller Beton und Stahl verwendet werden. Die „nicht-auf-einer-Stufe“-Rhetorik des BUND entbehrt somit jeglicher wissenschaftlichen Basis.
Mein Fazit: Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit von Wasserstoff brauchen wir weder Farben, noch die ideologische Stufentheorie des BUND, sondern seriöse CO2-Bilanzen.
Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de